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  • AutorenbildJakob Hysek

(Un-)erfolgreiche Morgenpirsch - warum für mich Jagen nicht immer das Erlegen eines Tieres bedeutet

Aktualisiert: 24. Jan. 2023


Das Foto ist von einer Pirsch in den schottischen Highlands.

Gerade erst habe ich das alleinige Ausgehrecht im Revier zugesprochen bekommen. Für die Morgenpirsch bekam ich die Wiese unterhalb der Kiener zugeteilt und sollte, wenn ich keinen Anblick habe, bis nach hinten an die Grenze pirschen. Unter Beachtung des Windes pirschte ich entlang des Obstgartens bis zur Geländekante. Ich war aufgeregt, da wir hier Tier, Kalb & Schmalspießer mehrmals gesehen hatten. An der Kante angekommen lag ein dichter Nebel auf der Lichtung und versperrte die Sicht. Plötzlich erweckte ein grauer Wuzel meine Aufmerksamkeit. “Sau” war mein erster Gedanke. Ein Check mit dem Fernglas half den Dachs als solchen zu erkennen, während dieser sich schmatzend über die Wiese jausnete. Vergnügt sah ich ihm zu, bis ich im Augenwinkel wie vom Blitz getroffen Hochwild erhaschte. Der Nebel war vom Wind verblasen und 150 Meter vor mir waren 3 Stück aufgetaucht. Ich legte mich in die taunasse Wiese und machte mich ans genaue Ansprechen. Ein mächtiges Alttier, ein mickriger Spießer und ein Kalb, genau die erhoffte Partie. Als ich zur Büchse griff, zog der Nebel zu, wie blickdichte Vorhänge. Also richtete ich meine Aufmerksamkeit, wieder auf Grimmbart, der immer noch lauthals frühstückte. Kurze Zeit später war der Nebel verflogen, aber leider ebenso die 3 Stück Rotwild. So packte ich meine Sachen und zog weiter über die Lichtung. Immerhin war August, Rehbrunft und der Morgen noch jung. Mein Blick war im steilen Wald oberhalb der Lichtung gefangen, da dort ein ständiges Knacken das parallele Ziehen des Hochwildes verriet. Plötzlich stach mir ein roter Fleck mitten auf der Wiese unterhalb von mir ins Auge und ich entdeckte einen Rehbock, der mir seelenruhig zusah. Um eine Chance zu bekommen, zog ich mich vor einen Holzstoß am Waldrand zurück und zückte den Blatter. Fiep 1 und eine Rehgaiß taucht aus dem Nichts auf. Fiep 2 und der Bock folgt ihr. Zu nah, zu schnell, kein Kugelfang und ich musste den beiden bei ihrem hoch flüchtigen Abgang hinterher sehen. Nach ihrem Verschwinden pirschte ich weiter zum letzten Bodensitz. Zu diesem Sitz führt von der alten Forststraße ein 10m langer Steig schräg rechts hinauf. Auf halbem Weg erstarre ich zur Salzsäure, da kaum ein Steinwurf vor mir ein Schmaltier aufgetaucht ist. Plötzlich folgen ihm ein Kalb, ein weiteres Schmaltier und zuletzt noch ein Tier. Alle bleiben abrupt stehen und wir beobachten uns misstrauisch. Ich entscheide mich zum Versuch das Kalb zu entnehmen, doch der Griff zur Büchse veranlasst die 4 zur lebensrettenden Flucht. Am restlichen Ansitz hatte ich keinen Anblick mehr, was aber wirklich keine Schande war. Oft habe ich mir Sorgen gemacht, ob diese Pirsch ein Beweis meiner jagdlichen Unfähigkeit ist. Ich kam aber zum Schluss, dass es bis dato einfach die aufregendste Morgenpirsch überhaupt war und Momente wie dieser der Grund sind, warum meine Leidenschaft für die Jagd und unser Wild so groß ist und stetig wächst.

© Jakob Hysek 2022–03–13


Originally published at https://www.story.one.

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